Das digitale Zeitalter hat den Zugang zu mathematischem Wissen grundlegend verändert. Kostenlose YouTube-Clips, immer detailliertere Wikipedia-Einträge und eine Fülle an Übungsaufgaben decken heute alles ab – vom Anfängerstoff bis hin zu spezialisierten Fachvorträgen.
„In den letzten Jahren konnte man einen rasanten Zuwachs an (kostenlosen, z. B. YouTube-) Videoclips zum Thema Mathematik beobachten, und dieser Trend wird sich in Zukunft noch weiter verstärken. Man findet (teilweise sogar sehr gute) Beiträge zu den unterschiedlichsten Themen – dabei reicht das Spektrum vom Anfänger-Niveau bis zu Vorlesungen und Fachvorträgen für Insider und Spezialisten.“
Auf den ersten Blick wirkt dieses Angebot wie ein einfacher, selbstgesteuerter Weg zum Lernen. Doch Koch warnt: „Das kann zu der Annahme verleiten, man könne sich Mathematikkurse im Online-Format deshalb mehr oder weniger sparen.“
Die Kompass-Funktion
Unverzichtbar bleibt für ihn die Rolle der Lehrperson: „Der Rat eines erfahrenen Dozenten in seiner Scouting-Funktion – jemand, der Kompass und Orientierung gibt. Lernende sind sonst im Dschungel dieser Vielfalt hoffnungslos verloren. Sie verzetteln sich und können dabei oft nicht die Spreu vom Weizen trennen bzw. Sinnvolles und Hilfreiches von Unbrauchbarem unterscheiden.“
Das Personal-Trainer-Prinzip
Besonders in der Mathematikdidaktik, betont Koch, sei der direkte Austausch unersetzlich: „Es ist ein Spezifikum der Mathematik-Didaktik, dass Verständnisschwierigkeiten oft nur im direkten Dialog zu lösen sind. Ein guter Online-Kurs ist im Idealfall sozusagen wie ein Personal Trainer. Eine Dozentin (ein Dozent) mit so viel Empathie, dass sie (er) im Augenblick sehen kann, worin genau eine Verständnisschwierigkeit oder ein Missverständnis besteht – kurzum, die (der) einfach gut Mathematik erklären kann – ist auch in Zukunft durch nichts (übrigens auch keine KI) zu ersetzen.“
Flexibilität im Umgang mit digitalen Tools
Gleichzeitig ruft Koch dazu auf, die Möglichkeiten des Internets aktiv zu nutzen: „Was man dort zum Beispiel an guten Graphiken und Animationen findet, übertrifft vielfach das, was man in ‘selbst gebastelten’ Kursen zur Verfügung stellen kann. Hier ist also immer viel Flexibilität erforderlich. Und vielleicht dürfen dann auch manch altbewährte Bestandteile einer Vorlesung Platz machen für Neues.“
Blick nach vorn
Für Koch ist klar: Digitale Materialien sind wertvolle Werkzeuge, aber sie ersetzen nicht die Lehrperson. Entscheidend sind Flexibilität und Einfühlungsvermögen – „unverzichtbare Skills, jetzt, und noch mehr in 2030.“
Wir danken Prof. Dr. Hans von Koch herzlich für die ehrlichen und inspirierenden Worte und sein Engagement in unseren Qualifizierungen.
Hintergrundinformationen
Prof. Dr. Hans von Koch unterricht in unserer Basisqualifizierung Funktionsentwicklung – wer hätte es gedacht – Mathemathik. Seit seiner ersten Stunde unterrichtet er bei uns mit vollem Einsatz und echter Leidenschaft. Ob Verdopplung der Unterrichtsstunden oder Parallelbetreuung zweier Kurse, Hans von Koch lässt sich nicht aus der Ruhe bringen – stets engagiert, motiviert und mit spürbarem Herzblut bei der Sache. Dabei begeistert er nicht nur im (virtuellen) Seminarraum: Auch außerhalb des Unterrichts ist er bei allen Treffen – ob im Biergarten oder auf dem Weihnachtsmarkt – ein fester Bestandteil unserer Gemeinschaft. Herr von Koch lebt unser Motto „Never stop learning“, verkörpert damit den Geist des lebenslangen Lernens und bereichert das ICE auf besondere Weise.
Prof. Dr. Hans von Koch studierte Mathematik an der Technischen Universität München, wo er auch promovierte. Anschließend war er als Systemplaner bei der Siemens AG tätig und sammelte dort umfassende Erfahrung in der praktischen Anwendung mathematischer Modelle und Methoden. Seit 1988 ist er Professor für Mathematik – zunächst an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg, seit 1996 an der Technischen Hochschule Ingolstadt.